Der Taubenschützenstand im Tölzer Binderbräu
Hintergrund und Entstehung
Der Tölzer Rauchclub „Gemütlichkeit“ wurde von Junggesellen im Jahr 1898 gegründet.
Der Verein hat immer noch über 70 Mitglieder. Zudem hat er auch eine Vereinsfahne, eine Tischstandarte und eine Pfeifensammlung. Die Mitglieder treffen, sich einmal im Monat, im Tölzer Binderbräu, oder im Vereinslokal der Alten Schießstätte.
In der Jahreshauptversammlung, im Januar 2017, betonte der 1. Vorsitzende Anton Grätz, dass wegen des Rauchverbotes der Sinn des Vereines immer mehr in den Hintergrund rückt. Früher wurden im Verein Wettrauchen abgehalten, dabei ging es darum, die längste Asche an der Zigarre zu halten. Deshalb mangelt es heute leider an aktiven Mitgliedern und es sind kaum mehr Neuaufnahmen zu vermelden.
Pfeifenwart und Wirt vom Tölzer Binderbräu, Andreas Binder, hatte eine Idee. Sein Schwiegervater Hans Weber, ein leidenschaftlicher Sammler von Altertümern, hat eine Holztaube, aus dem 19. Jahrhundert. Diese hat einen spitzen Eisenschnabel. Bis jetzt wusste keiner, was man mit dieser Taube früher angestellt hat. Man wusste nur, dass es aus einem Wirtshaus- Spiel stammen musste. Andreas Binder recherchierte und fand weltweit noch zwei Vereine, die dieses Spiel ausführten. Den Taubenschützenverein beim Schneiderwirt, in Nußdorf am Inn und den Taubenschützenverein in Altaussee beim Schneiderwirt (zufällig haben beide Wirtshäuser den gleichen Namen). Diese Vereine tragen schon seit einigen Jahren Weltmeisterschaften aus.
Der Rauchclub „Gemütlichkeit“ Bad Tölz organisierte einen Bus und der Verein fuhr mit über 20 Mitgliedern nach Nußdorf am Inn, um den Stand zu besichtigen. Sie wurden herzlich empfangen und es wurde auch gleich geschossen! Alle waren begeistert und beschlossen, so einen Stand beim Tölzer Binderbräu auf zu bauen.
Wie das Taubenschießen funktioniert
Der Schießstand funktioniert wie ein großes Pendel. Geschossen wird mit einer hölzernen, eisenbeschlagenen Taube, welche vorne, also als Schnabel, einen eisernen Spitz hat. Hinten (am Schwanz) ist eine Schnur befestigt. Die Taube hängt an einer Kette aus Stahldrahtgliedern, die Länge der Kette liegt bei ca. 8,50 m. Die Schussweite beträgt, bei uns, ca. 9,50 m. Unsere Taube hat ein Gewicht von 4.341 g.
Geschossen wird auf Papierscheiben, mit einer senkrechten Einteilung der Kreise, d.h. die Einschlaghöhe der Taube wird nicht in die Wertung einbezogen. Der Schütze stellt sich auf ein ca. 90 cm hohes Podest und bekommt vom „Aufigeber“ die Taube gereicht. Am Schwanzende der Taube ist eine feste Schnur angebracht, mit dieser hält der Schütze die Taube fest und hebt die Arme so weit über den Kopf, bis er die Schnur und die Kette der Taube als Zieleinrichtung benutzen kann (wie Kimme und Korn eines Gewehres). Nun liegt es am Schützen, die Taube möglichst ruhig zu halten, um Schnur und Kette, mittig der Scheibe, in eine Linie zu bringen. Hat der Schütze dies zu seiner Zufriedenheit erreicht, lässt er die Schnur los (wobei es mehrere Arten des los lassens gibt) und die Taube schwingt, durch die Pendelbewegung in Richtung Scheibe.
Die Scheibe ist auf einer dicken Holzplatte befestigt, in diese die Taube, mit dem Eisenspitz, einschlägt und normalerweise auch stecken bleibt. Nun kann der „Zieler“ die getroffenen Kreise, auf der Scheibe, ab lesen und am Rand der Scheibe vermerken (Jeder Spieler hat seine eigene Scheibe). Nach diesem Vorgang löst der „Zieler“ die Taube aus dem Holz und lässt sie zum „Aufigeber“ schwingen, dieser gibt die Taube wieder dem Schützen und der Ablauf wiederholt sich erneut.
Im Tölzer Binderbräu soll voraussichtlich zwischen Kirchweih und Ostern, an 10 Sonntagen, von 10:00 bis 13:00 Uhr geschossen werden.
Zudem ist ein Taubenschießen, auf Anfrage, für Gruppen ab 10 Personen möglich!
Das Taubenschießen ist wahrscheinlich als Schießsport, der unteren Bevölkerungsschichten entstanden, welche früher keine Schusswaffen besitzen durften.
In Altaussee (Steiermark) wurde es sogar als gesellschaftliche Praktik, in die Liste des Immateriellen Kulturerbes 2016 aufgenommen.
Dieses Spiel war von der Nordsee bis nach Südtirol weit verbreitet. Heute wird es jedoch nur noch in Altaussee, Nußdorf und jetzt auch in Bad Tölz praktiziert.
Taubenschießen – ein Gesellschaftssport mit zumindest drei Schützen und einer hölzernen Taube.
Siehe folgenden Zeitungsartikel:
Taubenschießen statt rauchen: Ein tölzer Verein macht wieder Sinn (Merkur.de)
Siehe folgendes Video: